Konjunkturtelegramm Juli


Die optimistische Frühjahrsstimmung in der österreichischen Wirtschaft ist weitgehend verflogen. Die Wachstumsprognose für 2014 wurde mittlerweile auf 1,5% gesenkt, ein Niveau das einem gefühlten Stillstand entspricht. Damit wächst die Befürchtung, dass nach der Überwindung der akuten Krise ein Phase anhaltender Stagnation folgen könnte; für 2015 wird zur Zeit freilich noch von einer Expansion der Wirtschaft um 2,1% ausgegangen. Die schlechte Stimmung drückt sich nicht zuletzt in einem flauen privaten Konsum, vor allem aber in verhaltenen Investitionen der Unternehmen aus, da es den Wirtschaftstreibenden an Vertrauen in die Nachhaltigkeit des Wachstums fehlt. Unverändert bestehen Befürchtungen über neue weltwirtschaftliche und politische Verwerfungen, für langfristige Projekte fehlt daher die Basis.

 

In Österreich wird die Situation durch am Arbeitsmarkt zusätzlich belastet. Das schwache Wachstum in Verbindung mit einem demographisch bedingten Steigen des Arbeitskräfteangebots lässt die Arbeitslosigkeit steigen, nach nationaler Definition liegt diese bei 8,4% - 0,8% über dem Vorjahr. Rechnet man die Teilnehmer von Schulungsprogrammen des AMS hinzu, ergibt sich sogar ein Anteil der Arbeitssuchenden von 10%.

 

Die Beschäftigung hat zwar um ein 1% zugenommen, aber die Wirtschaftsentwicklung ist insgesamt zu schwach, um eine spürbare Besserung am Arbeitsmarkt zu bewirken. Dies ist auch durch die Rückgänge bei den Auftragseingängen in Industrie und Gewerbe bedingt, wobei die Nachfrage aus dem In- wie Ausland gleichermaßen rückläufig ist. Haben die Bestelllungen aus dem Nicht-EU-Raum in den letzten Jahren die Probleme der Euro-Zone kompensiert, machen sich jetzt die konjunkturellen Abkühlungen in China, vor allem aber in Südamerika und nicht zuletzt Russland bemerkbar.  

 

Mittel- und langfristig ist und bleibt aber Österreichs größtes Problem der politisch-bürokratische Komplex, der sich als unfähig und unwillig zu nachhaltigen Reformen erweist, da diese entweder seine Macht gefährden oder den wirtschaftlichen Interessen seiner Protagonisten unmittelbar entgegenstehen. Die Diskussion über die überbordende Steuerlast kreist unproduktiv bei der Frage der Verteilung dieser Last auf die gesellschaftlichen Gruppen statt die Frage nach Sinn und Berechtigung der Abgaben zu stellen. Trotz Rekordeinnahmen erfüllt der Staat seine zentrale Aufgabe – die Bereitstellung der materiellen und immateriellen Infrastruktur des Landes – nur unzureichend und gefährdet dadurch das Zukunftspotential des Landes. Wachsende Teile des Budgets und damit der Steuereinnahmen werden auf vergangenheitsbezogene Ausgaben verwendet statt für notwendige Investitionen – ohne echter Strukturreformen muss eine tatsächliche Senkung der Abgabenquote als aussichtslos bezeichnet werden. Der Großteil der Einnahmen ist in Verpflichtungen und politischen Strukturen und Versprechen festgefroren. Selbst wenn die seit 1. Jänner 2014 geltenden Bestimmungen zu einem Anstieg des tatsächlichen Pensionsantrittsalters führen, ist dieser dennoch völlig unzureichend, um die Zunahme der statistischen Lebenserwartung zu kompensieren. Von einer Gleichheit aller Österreicher, was die Möglichkeit, Pensionsleistungen zu beziehen, sind wir meilenweise entfernt. Das Verhältnis zwischen den einzahlenden und den konsumierenden gesellschaftlichen Gruppen in diesem Land ist nicht zukunftsfähig.

 

Die unselbständig und selbständig tätigen bezahlen das in diesem Land mit stagnierenden oder überhaupt rückläufigen Realeinkommen. Auch wenn es regelmäßig Zuwächse bei den Bruttogehältern oder Umsätzen gibt, kompensieren diese seit Jahren nicht die allgemeine Preissteigerung. Während in anderen Euro-Ländern Deflationssorgen bestehen, führen in Österreich Steuererhöhungen und steigende Arbeitskosten zu einem klaren Inflationsaufschlag – auch zu Staaten mit einem analogen Konjunkturverlauf wie z.B. Deutschland.


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